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  *INDIGO-KINDER: Ein neuer Esoterik-Trend?
 

INDIGO-KINDER: Ein neuer Esoterik-Trend
von Tanja Spehr


Kurze Zusammenfassung des Artikels
Dieser Beitrag ist in fünf verschiedene
Abschnitte unterteilt. Im ersten wird der
esoterische Trend beleuchtet, der dem
Indigo-Phänomen zugrunde liegt. Anschließend
folgt eine detaillierte Beschreibung dessen,
was so genannte Indigo-Kinder von anderen
Kindern unterscheidet, welche Typen von
Indigo-Kindern es gibt und welche
Eigenschaften diese aufweisen. Im dritten
Abschnitt wird kurz auf den Zusammenhang von
Indigo-Kindern und der medizinischen Diagnose
ADHS
(Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Stör
ung) eingegangen. Daran anknüpfend sollen
einige Aspekte des dargestellten
Indigo-Phänomens aus psychologischer Sicht,
sowie die potentiellen Folgen und Gefahren
des Indigo-Phänomens für Kinder beleuchtet
werden. Der letzte Abschnitt beinhaltet
Hinweise und Hilfestellungen für Eltern,
LehrerInnen und ErzieherInnen.



INDIGO-KINDER: Ein esoterischer Trend
Das Thema Esoterik, also der Glaube an die
Wirkung verborgener, der sinnlichen
Wahrnehmung entzogener Kräfte und Mächte,
liegt bei vielen Menschen nach wie vor im
Trend. Seit vielen Jahren verzeichnet der
Sekten-Info Essen e.V. einen hohen
Informations- und Beratungsbedarf zu den
unterschiedlichsten esoterischen Themen.
Tagtäglich kommen neue spirituelle Angebote
auf den Markt, die den Menschen unter anderem
einfache Lösungen ihrer Probleme, Heilung von
Krankheiten, Sinngebung ihres Lebens, einen
Blick in die Zukunft, mehr Lebensqualität
oder das Verschwinden von Ängsten
versprechen.

Überwiegend sind es spirituell interessierte
Frauen, die in persönlichen Krisensituationen
auf esoterische Angebote der Lebenshilfe
zurückgreifen. Dabei beschränkt sich die
esoterische Weltsicht und Lebensform der
Interessierten natürlich nicht auf ihre
eigene Person, sondern wirkt sich auf deren
Partnerschaften, Freundschaften und die
Erziehung ihrer Kinder aus.

Als einer dieser Trends hat die
Esoterik-Szene in den USA Ende der neunziger
Jahre die so genannten Indigo-Kinder
hervorgebracht, die seit Frühjahr 2000 auch
den deutschen Markt erobern. In dieser
Vorstellung vereinen sich Elemente der
Anthroposophie und der Auralehre, des
Glaubens an Lichtwesen und an mediale
Fähigkeiten wie Telepathie, Reinkarnations-
und Seelenwanderungstheorien, Energielehren,
Astrologie und Karmaglaube mit Engeltherapie
und Feng Shui. Ein Feld, das breit genug ist,
viele EsoterikerInnen verschiedener
Richtungen anzusprechen und für sich
einzunehmen.



INDIGO-KINDER: Was sie (angeblich) von
anderen Kindern unterscheidet
Ihren Namen haben die Indigo-Kinder von der
Farbe Indigoblau. Nach Ansicht der
US-Amerikanerin Nancy Ann Tappe besitzt jeder
Mensch eine bestimmte Lebensfarbe in Form
einer Aura, welche sie sehen könne. In ihrem
2003 auch ins Deutsche übersetzte Buch
„Verstehe Dein Leben durch Farben“ ordnet
Tappe verschiedenen Persönlichkeitsstrukturen
Lebensfarben zu, und beschreibt die zu diesen
Farben gehörenden Verhaltensmerkmale. Die
Aura der meisten seit Ende der siebziger
Jahre geborenen Kinder sei Indigoblau und
diesen Kindern wird eine große spirituelle
Begabung zugeschrieben.

Nach der Definition von Lee Carroll und Jan
Tober (2000, S.16) ist ein Indigo-Kind:
„(…) ein Kind, das psychologische Merkmale an
den Tag legt, die neu und ungewöhnlich sind,
und ein Verhaltensmuster aufweist, das im
Allgemeinen von früheren Zeitpunkten nicht
belegt ist. Dieses Muster ist von gemeinsamen
einzigartigen Faktoren gekennzeichnet, die es
für diejenigen, die mit den Kindern zu tun
haben (insbesondere Eltern) angeraten
scheinen lassen, ihren Umgang mit den Kindern
und deren Erziehung zu ändern, um ein
Gleichgewicht herzustellen. Diese neuen
Muster zu ignorieren, bedeutet nämlich
möglicherweise, dass im Geist dieses
kostbaren neuen Lebens Ungleichgewicht und
Frustration entstehen (…)“

Die beiden Autoren listen in ihrer
Publikation auch einige der ihrer Meinung
nach geläufigsten Verhaltensmuster von
Indigo-Kindern auf. Unter anderem finden sich
folgende Beschreibungen (Ebenda, S. 16f):

Sie kommen mit dem Gefühl auf die Welt,
königliche Hoheiten zu sein
(und verhalten sich oft dementsprechend).


Sie haben Probleme mit absoluter Autorität
(Autorität ohne Erklärung oder
Wahlmöglichkeit).


Sie tun bestimmte Dinge partout nicht, so zum
Beispiel fällt es ihnen schwer, Schlange zu
stehen.


Sie sehen oft bessere Möglichkeiten, wie man
etwas angehen könnte, ob zu Hause oder in der
Schule, und so werden sie oft als Kinder
gesehen, die gegen bestehende Systeme
rebellieren
(mit keinem System konform gehen).


Sie wirken unsozial, es sei denn, sie bewegen
sich unter ihresgleichen. Sind keine anderen
in ihrem Umfeld, deren Bewusstsein ähnlich
strukturiert ist, so verkriechen sie sich oft
in sich selbst und haben das Gefühl, von
niemandem verstanden zu werden. Schule ist
für sie sozial gesehen oft außerordentlich
schwierig.


Sie sind nicht zurückhaltend, wenn es darum
geht, deutlich zu machen, was sie brauchen.
Je nach Autor sollen Indigo-Kinder
unterschiedliche Eigenschaften besitzen, doch
alle Darstellungen teilen die Ansicht, dass
es sich um ganz außergewöhnliche Kinder
handle, die auch einer ganz speziellen
Umgangsweise bedürften. Woitinas (2004, S.
14) beispielsweise beschreibt die
Indigo-Kinder wie folgt:

„(…) Sie sagen mit eineinhalb Jahren bereits
»Ich«, können schon mit zwei Jahren sprechen,
mit drei Jahren sitzen sie am Computer,
gründen mit vier Jahren eine eigene Band,
mischen sich in die Gespräche der Erwachsenen
ein und sagen ihnen, was sie zu tun haben.
(…)“.

Seiner Meinung nach soll es sich also um
äußerst hochbegabte, hochintelligente Kinder
handeln, wohingegen Doreen Virtue, eine
spirituell orientierte Psychologin und Mutter
von vier angeblichen Indigo-Kindern, auch auf
problematischere Merkmale der Indigos
eingeht, die den Umgang mit ihnen nicht immer
leicht machen. Laut Eigendarstellung verfügt
sie persönlich und von Berufs wegen über
umfassende Erfahrungen mit den »kleinen
Lichtarbeiterinnen und Lichtarbeitern«, wie
sie diese Kinder nennt, und spricht ihnen
unter anderem folgende Eigenschaften zu
(Virtue, 2003, S. 26):

1978 oder später geboren


Dickköpfig


Kreativ, künstlerische Neigungen (Musik,
Basteln von Schmuck, Gedichte, ...)


Suchtgefährdet


„Alte Seelen“, als wären sie dreizehnjährige,
die auf die dreiundvierzig zugehen


Intuitiv oder übersinnlich begabt,
möglicherweise haben sie irgendwann in ihrer
Vorgeschichte schon einmal Engel oder
Verstorbene gesehen


Hang zur Absonderung von anderen, sei es
durch aggressives Sichabreagieren oder durch
Zerbrechlichkeit und Introvertiertheit


Schwanken zwischen geringem Selbstwertgefühl
und Großspurigkeit


Langweilen sich leicht


Sind vielleicht als von ADS- oder ADHS
betroffen diagnostiziert worden


Neigen zu Schlaflosigkeit, unruhigem Schlaf,
Alpträumen oder Einschlafstörungen bzw. Angst
vor dem Einschlafen


Knüpfen leicht enge Bande zu Pflanzen und
Tieren
In dieser Beschreibung lassen sich einige
Prinzipien gut erkennen, die auch in der
Astrologie gerne bei der Erstellung von
Horoskopen verwendet werden: Man beschreibt
allgemein Gültiges (vgl. „Kinder langweilen
sich leicht“ oder „Kinder haben manchmal
(Ein-) Schlafprobleme“), man stellt zwei
Extrempunkte dar, zwischen denen diese Kinder
sich befinden können (vgl. „aggressives
Sichabreagieren und Introversion“ oder
„Geringes Selbstwertgefühl und
Großspurigkeit“) oder man verwendet
Ausdrücke, die das Gesagte abmildern und auch
das Gegenteil zulassen, ohne die These zu
widerlegen (vgl. „möglicherweise“,
„vielleicht“, „neigen zu“). Hier wird ein so
breites Spektrum von Eigenschaften
zusammengestellt, dass viele Eltern ihre
Kinder problemlos in der oben dargestellten
Beschreibung wieder finden können.

Nancy Ann Tappe beschreibt verschiedene Typen
von Indigo-Kindern. Je nach charakterlicher
Grundveranlagung lassen sich angeblich vier
Hauptgruppen unterscheiden, die im Folgenden
kurz beschrieben werden sollen (nach
Woitinas, 2004, S. 48/49):

Der humanistische Typ
Kinder dieses Typs sind hyperaktiv, gesellig
und unterhalten sich mit jedem freundlich.
Sie spielen oft mit zahlreichen Spielzeugen
gleichzeitig.


Der ideenorientierte Typ
Kindern dieses Typs liegt mehr an Projekten
als an Menschen. Sie sind die künftigen
Ingenieure, Architekten, Designer,
Astronauten, Piloten und Offiziere. Sie sind
eher sportlich und neigen im Teenageralter zu
Suchterkrankungen, vor allem zu Drogen.


Der künstlerische Typ
Kinder dieses Typs sind viel sensibler, oft
kleinwüchsig, wenn auch nicht immer. Sie sind
kreativ, werden vielleicht Lehrer oder
Künstler. Im Kindesalter befassen sie sich
fünf Minuten mit einer Sache und legen sie
dann wieder hin. Als Jugendliche jedoch
können sie ein Feld herausgreifen und virtuos
auf diesem Gebiet werden.


Der interdimensionale Typ
Kinder dieses Typs vereinen viele der
Eigenschaften der anderen drei Typen in sich.
Sie sind außerdem größer als alle anderen und
im Alter von ein oder zwei Jahren lassen sie
sich schon nichts mehr von ihren Eltern
sagen. Das sind diejenigen, die neue
Philosophien und neue Religionen auf die Welt
bringen werden.
Auch hier kann man wieder erkennen, dass für
alle Eltern und Kinder die entsprechende
Kategorie dabei ist. Ist das Kind eher
gesellig, sachorientiert, sensibel oder eine
Mischung aus verschiedenen Eigenschaften, so
wird es mit dem jeweiligen Etikett versehen.
Auch wenn man mal nicht weiter weiß in Bezug
auf den Umgang mit dem Indigo-Kind, so hat
Woitinas (2004, S. 51) eine Lösung parat:
Egal ob humanistischer, ideenorientierter,
künstlerischer oder interdimensionaler Typ,
fragen sie ihr Indigo-Kind nach
Lösungsvorschlägen für den Umgang mit sich
selbst oder wenden sie sich mit Gebeten an
den Engel ihres Kindes.

Die Esoterikerin Carolina Hehenkamp, Autorin
diverser Bücher und Artikel zum Thema
Indigo-Kinder, wagt sich noch einen Schritt
weiter vor in esoterische Gefilde. Ihrer
Ansicht nach findet mit den Indigo-Kindern
gerade ein wundervoller Evolutionsprozess in
unserer Welt statt. Auch Hehenkamp schreibt
diesen Kindern besondere Eigenschaften zu, so
zum Beispiel (Hehenkamp, 2002):

Sie schwingen auf einer höheren Energie und
haben andere Gedankenmuster.


Sie sind Wesen, die mehr „sind“ als zu
denken.


Sie sind geborene Philosophen, denken nach
über das Leben und wie sie den Planeten
retten können.


Sie sind meist sehr begabt, werden aber oft
als lerngestört eingestuft.


Sie sind „echte“ Lichtwesen, inkarniert auf
der Erde!
Nach Hehenkamp (2002) ist diese Welle von
Neuen Kindern, die seit circa zwölf bis
vierzehn Jahren hereinkommt, „ein
wahrhaftiges Gottesgeschenk, herbeigerufen
von einer Generation von Eltern und
Lichtarbeitern, die für eine Neue Welt, in
der Frieden und Liebe herrschen werden,
gekämpft haben.“

Diese Ausführungen lassen darauf schließen,
dass eine esoterische Elterngeneration durch
ihre Einstellungen, Werte, Lebensanschauung
und Weltsicht das Indigo-Phänomen
heraufbeschworen hat. Auf diesen Aspekt und
seine Folgen soll weiter unten noch näher
eingegangen werden.



INDIGO-KINDER: Die Verbindung zu ADS und
ADHS
Die Kürzel ADS und ADHS stehen für
Aufmerksamkeits-Defizit-Störung
beziehungsweise
Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störu
ng und bezeichnen Verhaltensauffälligkeiten
von Kindern und Jugendlichen, die in der
heutigen Zeit keine Seltenheit sind. Kinder,
die unter diesem Syndrom leiden, können sich
nicht lange auf eine Sache konzentrieren und
werden sehr leicht abgelenkt. Bei ADS handelt
es sich um so genannte Tagträumer und die
Verhaltensauffälligkeit wird oft lange Zeit
gar nicht erkannt. Im Falle von ADHS jedoch
liegt eine Aufmerksamkeitsstörung in
Verbindung mit Hyperaktivität vor. Das Kind
kann sich nur schwer konzentrieren und ist
zudem oft auch laut und impulsiv, kann nicht
still sitzen und ist ständig in Bewegung.

Es handelt sich also auch hierbei um ganz
besondere Kinder, die ebenfalls besondere
Anforderungen an ihre Umwelt stellen. Auch
wenn sich esoterische Eltern, LehrerInnen
oder ErzieherInnen oft gegen die Diagnose ADS
oder ADHS wehren, handelt es sich bei dem
Indigo-Phänomen meist um genau dieses
Syndrom.

Natürlich muss man festhalten, dass nicht
alle so genannten Indigo-Kinder unter ADS
oder ADHS leiden. Auch werden nicht alle
Kinder, bei denen ADS oder ADHS
diagnostiziert wird, als Indigo-Kinder
bezeichnet. Vor allem dann nicht, wenn sie
Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen haben,
die an Esoterik nicht interessiert sind oder
diese sogar ablehnen. Es ist jedoch häufig
so, dass beide Begriffe das gleiche Phänomen
bezeichnen, einmal von der
schulmedizinisch-wissenschaftlichen und
einmal von der esoterisch-spirituellen Warte
aus.



INDIGO-KINDER: Ein psychologischer
Erklärungsansatz
Das Indigo-Phänomen gelangt zu immer größerer
Beliebtheit. Der ursprünglich aus den USA
stammende Esoterik-Trend findet in der
heutigen Zeit Anhänger rund um den Globus.
Der 29. Januar 2005 wurde schließlich zum
Welt-Indigo-Tag ausgerufen und zu diesem
Anlass lief auch in einigen deutschen Städten
ein (fiktiver) Film mit dem Titel „Indigo“,
in dem ein so genanntes Indigo-Kind eine
Hauptrolle spielt.

Wieso viele Eltern dem Indigo-Phänomen nicht
abgeneigt sind, lässt sich an einem Beispiel
erläutern (nach Hussendörfer, 2001, S. 65):

Eine Mutter war schon häufig von den
KindergärtnerInnen zum Gespräch gebeten
worden. Unzählige Diskussionen hatte sie
später auch mit den LehrerInnen geführt, da
diese – wie schon zuvor die ErzieherInnen –
der Ansicht waren, mit ihrem Sohn sei etwas
nicht in Ordnung. Die Pädagogen erklärten der
Mutter, ihr Sohn hätte Konzentrationsprobleme
und Sozialisationsschwierigkeiten, und sie
waren der Ansicht, er müsse therapeutisch
behandelt werden.

Die Mutter indessen ist überzeugt, dass ihr
Kind besondere Fähigkeiten besitze, die in
der Schule anscheinend nicht erwünscht seien,
weil die Lehrer sie nicht einordnen könnten.
Das ist ihrer Ansicht nach der Grund, dass
ihr Sohn sich so schwer tue. Sie möchte ihren
Sohn keinesfalls in ärztliche oder (psycho-)
therapeutische Behandlung geben.

An diesem Beispiel wird deutlich, in welcher
Situation den Eltern das Indigo-Konzept
entgegenkommt. Diese Mutter ist einerseits
davon überzeugt, dass ihr Sohn besondere
Fähigkeiten habe, bekommt aber von ihrem
Umfeld rückgemeldet, ihr Sohn hätte besondere
Schwierigkeiten, sowohl in Lernsituationen
als auch im Umgang mit seinen Mitschülern.
Genau hier greift das Indigo-Konzept, das den
Kindern besondere Eigenschaften und
Fähigkeiten zuspricht und gleichzeitig
besagt, dass diese Kinder gerade wegen dieser
Fähigkeiten in ihrer Umwelt anecken.
Indigo-Eltern gehen davon aus, dass andere
Menschen die wahre Begabung ihrer Kinder
verkennen (vgl. oben: „Sie [die
Indigo-Kinder] sind meist sehr begabt, werden
aber oft als lerngestört eingestuft“). Diese
Einstellung ist aus psychologischer Sicht
zunächst einmal positiv zu beurteilen, da
hierbei die Stärken der Kinder und nicht
deren Schwächen in den Mittelpunkt gestellt
werden. Das Prinzip, das Kind nicht für seine
Unzulänglichkeiten zu kritisieren, sondern
seine Talente zu fördern, ist erst einmal
gut. Ein Problem tritt allerdings auf, wenn
das Kind tatsächlich verhaltensauffällig ist
und therapeutische Hilfe benötigt, die Eltern
jedoch wie in dem obigen Beispiel die Augen
davor verschließen.

Auch aus dem Buch von Doreen Virtue über
Indigo-Kinder lassen sich einige Beispiele
nennen, an denen man erkennen kann, wie gut
gemeinte Einstellungen gegenüber Kindern sich
auch zu deren Nachteil auswirken können, da
sie einer adäquaten Anpassung der Kinder in
unserer Gesellschaft entgegenwirken (Virtue,
2003, S. 12-15):

„Indigo-Kinder (…) sind viel zu sehr damit
beschäftigt, sich aktiv zu erträumen, wie sie
die Welt retten können, als dass sie sich
damit abgeben würden, ihr Bett zu machen!“

„Indigos fühlen sich schon alt, wenn sie auf
die Welt kommen. In einiger Hinsicht wissen
sie viel mehr als die Erwachsenen, doch weil
Zeit und Geld im Bildungswesen knapp sind,
haben sie nur begrenzt die Chance, ihre
Begabungen zum Ausdruck zu bringen. Den
ganzen Tag sind sie mit Schule und
Hausaufgaben beschäftigt – und der Gipfel
ist: Sie bekommen dafür keinen Pfennig!“

„Indigos sind hochgradig kreative Kinder, und
ihr Denken passt nicht in die gängigen
Schubladen. Diese Denkweise hat auf der Welt
schon viele große Erfindungen hervorgebracht,
wahre Durchbrüche. Und doch kann es
passieren, dass der brillante Geist der
Indigos, sofern er nicht verstanden und in
angemessene Bahnen gelenkt wird, mit der
Diagnose »ADS« oder »ADHS« bedacht wird. (…)
Dennoch mag sich die Intelligenz der
Indigo-Kinder nicht in ihrem Zeugnis
niederschlagen. Vielmehr glänzen sie
stattdessen mit ihren Punktzahlen bei
Videospielen. (…) Oder dadurch, dass sie Wort
für Wort die Texte ihrer Lieblingssongs
auswendig können.“

Für Eltern ist es schwer einzusehen, dass ihr
Kind „anders“ ist und im täglichen,
außerfamiliären Leben aneckt. Für Eltern ist
es hingegen einfach zu glauben, dass ihr Kind
„anders“ ist in dem Sinne, dass es eine
besondere Fähigkeit hat, hochbegabt oder
hochintelligent ist. Und genau dieses
Bedürfnis der Eltern spricht das
Indigo-Konzept an. Es bestätigt die Eltern in
der Sichtweise, ihr Kind sei nur von der
Außenwelt verkannt und in Eltern-Kind-Gruppen
zum Thema Indigo finden sie Gleichgesinnte,
von denen sie sich verstanden fühlen.

Es ist jedoch außerordentlich wichtig, einem
verhaltensauffälligen Kind die optimale
Förderung und Hilfestellung zukommen zu
lassen, und da sind wir bei dem Punkt
angelangt, wo das Indigo-Konzept an seine
Grenzen stößt. Die von den esoterischen
Autoren propagierten Methoden wie
Engeltherapie, mentales Staubsaugen, der
Einsatz von Kristallen, Feng Shui oder die
Anwendung der Aromatherapie, um die
Indigo-Kinder zu unterstützen, entbehren
jeglicher wissenschaftlicher Grundlage.
Deshalb ist es wichtig, immer auch einen
Kinderarzt oder Kinderpsychologen zu Rate zu
ziehen. Esoterische Methoden können in
Einzelfällen zusätzlich zu Schulmedizin und
Schulpsychologie angewandt werden, sollten
diese jedoch nie ersetzen.

Viele Eltern schreckt sicherlich die Tatsache
ab, dass die Diagnose ADS und ADHS in der
heutigen Zeit sehr viel häufiger gegeben wird
als früher. Auch die heutzutage weit
verbreitete Vergabe des Medikamentes
„Ritalin“ auch schon an junge Kinder wird
sowohl von Eltern als auch MedizinerInnen
kritisch betrachtet. Und das ist auch gut so,
denn man sollte in jedem Einzelfall genau
prüfen, ob die Diagnose zutrifft und ob die
Vergabe von Medikamenten wirklich nötig und
hilfreich ist. Fakt ist jedoch auch, dass
ADHS eine Störung ist, für deren Diagnose es
genaue Kriterien und zudem gut
funktionierende Behandlungsmöglichkeiten
gibt, die man seinem Kind nicht vorenthalten
sollte, wenn es unter diesem Syndrom leidet.


Menschen, die das Indigo-Konzept überzeugt,
sind oft sehr spirituell und befinden sich
auf der Sinnsuche. Sie wünschen sich so sehr,
das „Neue Zeitalter“ möge kommen, und wer
wäre besser geeignet, es mitzubringen, als
die Kinder? Die Esoterikautorin Carolina
Hehenkamp (s. o.) beschreibt sehr schön, dass
die Indigo-Kinder herbeigerufen wurden von
einer Generation von Eltern und
Lichtarbeitern, die für eine Neue Welt
gekämpft haben, in der Frieden und Liebe
herrschen werden. Es ist der Wunsch der von
esoterischem Gedankengut überzeugten
Elterngeneration mit ihren Kindern möge eine
neue, spirituellere Ära beginnen.

Auch das nächste Beispiel aus dem Buch von
Woitinas (2004, S. 15) zeigt, dass eine
gewisse Vorsicht geboten ist, um im Umgang
mit den so genannten Indigo-Kindern keine
narzisstische Persönlichkeitsstörung zu
induzieren:

Ein Pädagoge stellt Schülern der achten
Klasse die Aufgabe, ein wichtiges Ereignis
aus ihrem Leben aufzuschreiben. Beim
Austausch darüber verkündet ein Schüler
selbstsicher, das wichtigste Ereignis der
letzten hundert Jahre sei er selbst.

Auch hierbei handelt es sich um einen von
seiner Umwelt als Indigo bezeichneten Jungen.
Problematisch erscheint die Haltung, mit der
ihm seine Eltern begegnen, denn diese kann zu
weiteren Fehlanpassungen und somit zu
Konfrontationen mit seiner Umwelt führen.

Die Vorstellung von Indigo-Kindern als
kleinen Supermenschen findet sich in
verschiedenen Variationen in fast allen
Publikationen zu diesem Thema. So werden an
einer Stelle Indigo-Kinder als kleine
PsychologInnen bezeichnet, deren FreundInnen
in Wirklichkeit ihre KlientInnen sind. Auch
der „globale Lebenszweck“ wird den Indigos
von den spirituellen Erwachsenen
vorgeschrieben, nämlich die Regierungs-,
Bildungs- und Sozialsysteme umzustrukturieren
und das neue Zeitalter des Friedens
einzuläuten.

Sicherlich gibt es viele Menschen, die davon
überzeugt sind, dass es tatsächlich eine neue
Generation von Kindern mit besonderen
spirituellen Begabungen gibt. Jedoch darf man
nicht außer Acht lassen, dass mit diesem
Phänomen auch ein neuer Zweig auf dem
Esoterik-Markt entstanden ist. Auf die
Indigos folgen nämlich nun die zum jetzigen
Zeitpunkt höchstens 8-jährigen
Kristall-Kinder, eine neue Generation
außergewöhnlicher Kinder, die ebenfalls
höchst sensitiv und medial begabt sein soll.
Nach Ansicht der geschäftstüchtigen Autorin
Doreen Virtue, die nach ihrem Buch über
Indigo-Kinder jetzt auch eines über
Kristall-Kinder auf den Markt gebracht hat,
werden diese neuen Kinder manchmal irrtümlich
als autistisch bezeichnet. Im Gegensatz zu
den kämpferisch veranlagten und
handlungsorientierten Indigos seien die
Kristall-Kinder eher sanft und gelassen.

Zahlreiche weitere Bücher zu diesen Themen
werden publiziert, Seminare für Eltern und
LehrerInnen werden angeboten und man kann nun
auch durch Einsenden eines Schwarz-weiß- oder
Farbfotos eines Kindes herausfinden lassen,
ob es sich um ein Indigo-Kind handelt. Ganz
ohne persönlichen Kontakt mit dem Kind,
jedoch gegen Gebühr, versteht sich. So sollte
man stets im Einzelfall sehr sorgfältig
prüfen, ob ein gewisses Angebot dem Kind auch
wirklich nützt, oder ob es ihm nicht eher
schaden könnte.



INDIGO-KINDER: Rat und Hilfe für Eltern
Es ist sehr wichtig, dass Eltern eines
verhaltensauffälligen Kindes keine schnellen
Lösungen von schulmedizinischen oder
alternativen Diagnosen und Heilmethoden
erwarten. Oft dauert es eine gewisse Zeit,
bis die Diagnose ADHS mit Sicherheit gestellt
werden kann. Es gilt immer mit dem
zuständigen Kinderarzt oder Psychologen
abzuklären, welche individuellen Maßnahmen
für das Kind förderlich sein könnten. Ob eine
Behandlung nötig ist und welche Kombination
von Ergotherapie, sonderpädagogischen
Maßnahmen, Bewegungstherapien,
Psychotherapie, medikamentöser Behandlung und
alternativen Methoden anzuwenden ist, kann
ein anerkannter Experte am besten in
Zusammenarbeit mit den Eltern entscheiden.

Anstatt, wie Woitinas vorschlägt, das Kind
selbst zu fragen, wie man mit ihm umgehen
soll, wenn man als Eltern mit der Erziehung
nicht weiter weiß, sollte man sich lieber
professionelle Hilfe einholen. Erziehung muss
von den Eltern kommen und darf nicht auf das
Kind abgeschoben werden. Kinder brauchen
Grenzen, müssen in die gesellschaftlichen
Normen und Werte eingeführt werden und
verdienen konsequente Erziehungsmethoden.
Örtliche Erziehungs- oder
Familienberatungsstellen können Hilfestellung
für verhaltensauffällige Kinder und Rat
suchende Eltern bieten.

Besondere Kinder sind auch immer eine
besondere Belastung für die Eltern. Ein Paar
muss sich einig sein bei der Erziehung seines
Nachwuchses, was nicht selten ebenfalls zu
Unstimmigkeiten führt. Wenn ein Partner zu
der Überzeugung gelangt ist, sein Sohn oder
seine Tochter sei ein Indigo-Kind, der andere
Partner hält das jedoch für Unsinn, ist ein
Konflikt meist vorprogrammiert. An unsere
Beratungsstelle wenden sich häufig Paare, von
denen sich ein Partner stark für Esoterik
interessiert, der andere dieses Gedankengut
jedoch strikt ablehnt. Ein (oder mehrere)
Beratungsgespräch(e) können oft sehr
hilfreich sein. Gerne steht Ihnen das Team
vom Sekten-Info Essen e.V. für Orientierungs-
und Beratungsgespräche sowie zur
Informationsvermittlung zur Verfügung.

Betroffene Eltern, LehrerInnen und
ErzieherInnen können auch unter folgenden
Internetseiten Hilfe bekommen:

www.ag-adhs.de
(Arbeitsgemeinschaft
Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störu
ng
der Kinder- und Jugendärzte e.V.)
www.adhs.ch (ADD-Online stellt für
Fachpersonen und andere Interessierte
wissenschaftlich abgestützte Informationen
über Diagnose und Therapie von ADHS bereit)
www.adhsnet.de (ADHSNET(zwerk); „Kinder, die
aus der Reihe tanzen“)
www.ads-hyperaktivitaet.de (Website einer
Elterngruppe)



Literatur:
1. Carroll, L. & Tober, J. (2000). Die
Indigo-Kinder. München: KOHA-Verlag.

2. Harland, S. (2003). Hyperaktiv oder
hochbegabt? Bergisch Gladbach: Verlagsgruppe
Lübbe GmbH & Co. KG.

3. Hehenkamp, C. (2002). Botschafter einer
neuen Generation – die Indigo-Kinder. In:
Sein, 83/02.

4. Hussendörfer, E. (2001). Indigo-Kinder –
Botschafter einer neuen Zeit? In: esotera
08/01.

5. Pöhlmann, M. (2002). „Indigo-Kinder“ –
Künder eines Neuen Zeitalters? Materialdienst
der EZW 12/2002.

6. Virtue, D. (2003). Das Praxisbuch für
Indigo-Eltern. 2. Auflage. München:
KOHA-Verlag.

7. Virtue, D. (2004). Die Kristall-Kinder.
München: KOHA-Verlag.

8. Woitinas, S. (2004). Wer sind die
Indigo-Kinder? Herausforderungen einer neuen
Zeit. 4. Auflage. Verlag Urachhaus.

 
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